Das grafische Werk
Das grafische Werk Leo Leonhards gliedert sich in Zeichnungen und Druckgrafik – hier vor allem Radierungen, Holzschnitte und Lithographien. Dem Wesen nach war Leonhard ein Grafiker. In der „Zeit“ war 1978 zu lesen: „Leo Leonhards Zeichnungen sind jenseits der Karikatur zu Hause, sie machen betroffen in ihrer Genauigkeit; obwohl sie unheimlich sind, muten sie seltsam vertraut an: Kennen wir diese Typen nicht? Stellen sie nicht diesen oder jenen dar? Da ist ein Faltenwurf, der von Dürer stammen könnte, da schnieft eine Daumier-Nase, da ist ein Gesicht, das aus der Bildzeitung zu grinsen scheint.“ Leo Leonhard ist der geborene Zeichner. Er entwickelte auch seine Ölmalerei aus dem Wesen und Geist der Zeichnung – das grafische Element ist auch hier von großer Bedeutung.
Zeichnungen
Bleistiftzeichnungen, Kreidezeichnungen, Tuschezeichnungen – Leo Leonhard hat seine Zeichnungen immer wieder in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Hier, in seinen Zeichnungen und Radierungen, spiegelt sich, wie es Dr. Roland Held formuliert hat, im Besonderen sein „Interesse an Dichtung und Theater, Geschichte und Politik“.
Leo Leonhard selbst beschreibt den Prozess des Zeichnens so: „Beginne mit den Zeichnungen zur Buchausgabe. Es sollen textbegleitende, im Wesentlichen dialogische Illustrationen werden, wobei ich besonders die Eigenarten von Rohrfeder und Federkiel nutzen will zur Charakterisierung von Personen und Situationen. Aber auch die Kombination mit der Stahlfeder und der rauen Papierart, auf der die Tusche leicht auslaufen kann, soll Ausdruckswerte hervorrufen, die jede gefällige Oberflächlichkeit verhindern. Es wird Linien und Strukturen geben, die sich der Umrissbeschreibung, Proportion oder manchen Details nicht mehr fügen, ausbrechen, sich verselbständigen, spröde der eigentlich zu erwartenden Linienführung sich widersetzen, um Verletzungen, Isolation, Wahnsinn, Verwirrung, Starrheit, Enge, Auflösung etc. zu symbolisieren …“
Radierungen
Die Kunst der Radierung nimmt in Leo Leonhards druckgrafischem Werk eine zentrale Position ein. Er hat Architekturdetails radiert – große Originalradierungen entstanden zu Ezra Pounds „Cantos“. Er zeigte sich selbst als „Künstler bei der Arbeit“ oder „Lichtenbergs Begegnung mit Hogarth“, erschuf eine Mappe mit Radierungen aus „Motiven der Bergstrasse“ oder zur Darmstädter Mathildenhöhe, zum „Hessischen Landboten“ oder „Dantons Tod“ von Büchner, zu Becketts „Endspiel“, zu Goethes Schauspiel „Das Jahrmarktsfest zu Plundsweilern“ – und kreierte auch diverse Ex Libiris-Radierungen. Es ist der Bedeutung der Radierung und der Holzschnitte in Leo Leonhards Werk angemessen, dass mit den beiden Werkverzeichnissen zwei Publikationen erscheinen konnten, welche diese beiden Werkgruppen ausführlich darstellen. Radierungen von Leo Leonhard erschienen in Auflagen bis zu 100 Exemplaren.
Holzschnitte
Auch der Holzschnitt ist im Werk von Leo Leonhard von Bedeutung, wenngleich auch weniger vertreten als die Radierung. Wunderbare Beispiele dieser Kunst sind etwa die Holzschnitte zu Becketts „Endspiel“, ein Holzschnitt zu Georg Trakls „Kaspar Hauser Lied“ oder der Holzschnitt „Geschwister“ von 1993, der unter anderem auf leicht gelblichem Japanpapier gedruckt wurde.
Lithographie
Auch Lithographien hat Leo Leonhard geschaffen, wie etwa das in einer Auflage von 300 Exemplaren erschienene, große Blatt „Samurai“, das einen weiblichen Krieger, eine sich wehrende Frau zeigt. Die Arbeit ist als feministisches Bild eines männlichen Künstlers interpretiert worden – als Votum gegen eine „maskuline Beherrschung der Welt“. „Samurai“ ist mit seinen auffälligen Rot-, Gelb- und Orangetönen ein hervorragendes Beispiel der farbintensiven Kunst Leonhards – ein Blatt, das auch Jahre nach seiner Entstehung nichts von seiner Aktualität verloren hat.
Mappenwerke
Neben vielen druckgrafischen Einzelblättern und Buchillustrationen hat Leo Leonhard auch große, wunderbar ausgestattete und gebundene Mappenwerke mit Original-Radierungen und auch Federzeichnungen geschaffen. Es entstanden etwa Mappen zu „Motiven der Bergstrasse“, zu dem Drama „Dantons Tod“ von Georg Büchner und zu Büchners „Hessischem Landboten“. Eine andere Mappe zur Mathildenhöhe Darmstadt trägt den Titel „Seine Welt zeige der Künstler, die niemals war, noch jemals sein wird“. Weiterhin schuf Leonhard Mappen zu den Gesängen von Ezra Pound, eine „Hommage à Goethe“ und zu Goethes Schwank „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“.